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Die Tage werden wieder länger, die Temperaturen
steigen langsam, was liegt also näher als die Fahrradsaison gleich richtig
zünftig mit einer Mehrtagestour einzuläuten? Wir nehmen uns das Osterwochenende
vor und weil wir nicht weit anreisen wollen, bleiben wir in der Gegend
und reservieren wir uns für zwei Nächte ein Hotelzimmer in Stein am Rhein.
Von Zürich aus nehmen wir die S-Bahn
bis Rafz. Wieder mal meint es das Wetter gut mit uns, die Frühlingssonne
heizt das Land schon auf. In Oerlikon, wo wir die S-Bahn besteigen, sehen
wir am gegenüberliegenden Bahnsteig die nostalgischen Waggons des Orient-Expresses
stehen, von einer Dampflok angetrieben. Als wir in Rafz die Räder ausladen
und Richtung Schaffhausen starten, sehen wir diesen Zug am Horizont dahinstampfen,
eine lange, weiße Dampffahne hinter sich herziehend.
Natürlich kennen wir die heutige Strecke schon wie unsere Westentasche,
aber im milden Frühlingslicht, mit der Verheißung des kommenden Sommers
in der Luft, bekommt alles natürlich ein anderes Gesicht. In Diessenhofen
nutzen wir die Gunst der Stunde und kehren im Biergarten ein. Gut gelaunt
lassen wir uns das erste Eis dieses Jahres schmecken, während Unmengen
von Radlern, Motorradfahrern und Spaziergängern mit uns diesen Frühlingstag
genießen. Etwas später trudeln wir dann in Stein am Rhein ein, wo wir
im Hotel Schifflände ein schönes Zimmer direkt zum Rhein hinaus bewohnen.
Abends reisen die Reisegruppen und Bustouristen, die die Stadt tagsüber
bevölkern, wieder ab, weswegen wir einen ruhigen Sonnenuntergang erleben
dürfen.
Heute sieht es aber recht ungemütlich
aus: es regnet so leise vor sich hin und ist wieder kälter geworden. Schlagartig
wird mir bewußt, daß es ja immer noch sehr früh im Jahr ist, der gestrige
Tag nur ein Vorbote des Sommers war! Wir lassen uns also Zeit mit dem
Frühstück, überlegen uns ein Alternativ-Programm. Eingehüllt in unsere
Regenklamotten spazieren wir zur Burg hinauf. Das Bergaufwandern bringt
uns zum Schwitzen, zudem hört es auf zu regnen, weswegen wir beim
Zurückkehren dann doch eine Radtour ins Auge fassen. Also rein in die
Pedale! Um den Schiener Berg soll es gehen, eine Rundtour mit angenehmen
40 km Länge. Zuerst nach Norden in Richtung Singen. Trotz der dunklen,
tiefziehenden Wolken bleibt es weitgehend trocken, von vereinzelt fallenden
Regentropfen mal abgesehen. Als wir nach ein paar Kilometern nach Osten
abbiegen, haben wir die Vulkanlandschaft mit dem Hohentwiel links von
uns. Recht urtümlich stellt sich das dar, besonders mit den Regenwolken.
(Ich setze diesen Landstrich auf meine persönliche Hitliste der noch zu
beradelnden Landschaften)
Nach Durchqueren eines Schilfgebietes erreichen
wir bald Radolfszell, nicht ohne uns zuvor mit dem zugenommenen Seitenwind
auseinandergesetzt zu haben. In Radolfszell spitzt manchmal die Sonne
durch die Wolken, viel nutzt ihr das aber nicht, denn Wind und Wolken
sind heute wirklich stärker! In Radolfszell warten natürlich Kaffee und
Kuchen, wie könnte es auch anders sein! Immerhin ist das Wetter so stabil,
daß man vor unserem Café Tische und Stühle im Freien aufstellt. Wir jedoch
wärmen uns im Innenraum auf. Wieder warm und satt geworden,machen wir
uns auf den Weg um den Untersee nach Stein am Rhein zurück. Das Wasser
des Sees ist heute milchig hellbraun, der Wind peitscht es auf, was aber
die Schwäne nicht zu stören scheint, die zum Futterbetteln kommen, als
wir am Ufer kurz anhalten. Abends in Stein am Rhein unser übliches Programm:
Spazierengehen inkl. Sonnenuntergang (ja, sie kommt heute nochmal raus,
die Sonne), Abendessen im Hotel.
Heute ist leider schon der Tag der Rückreise,
immerhin hat sich das Wetter wieder gebessert. Deswegen lacht uns die
Sonne ins Gesicht, als wir nach dem Frühstück über die Rheinbrücke radeln.
Wir wollen nach Winterthur fahren, um mal einen anderen Weg zu erkunden.
Das bedeutet in diesem Falle, daß wir uns durch hügeliges Land bewegen
werden. Wir kommen auf ruhigen Strassen an einer Seeplatte vorbei, nehmen
unseren Kaffee in der Kartause Ickingen ein und sind schon auf der Zielgeraden
nach Winterthur, als mir schon wieder eine Speiche im Hinterrad bricht.
Das ist jetzt aber wirklich ärgerlich! Ich bin wirklich ratlos: wir haben
schließlich kaum Gepäck dabei, von einer großen Belastung des Rades kann
also keine Rede sein. Die letzten Kilometer bis zum Winterthurer Bahnhof
sind bald bewältigt, wir nehmen die S-Bahn zurück nach Zürich und sind
am Spätnachmittag wieder zu Hause.
Tags darauf bringe ich das Fahrrad in die
Werkstatt, um das Hinterrad komplett neu einspeichen zu lassen. Der Mechaniker
würde mir am liebsten zu einem neuen Laufrad raten, meint jedoch, daß
sich das bei diesem Velo wohl nicht rentieren würde... Eine ähnliche Bemerkung
habe ich doch schon mal gehört! (diesmal bin ich aber keineswegs beleidigt).
Jedenfalls entschließe ich mich nun, das blaue Schauff seiner eigentlichen
Bestimmung als Cityrad zuzuführen und ihm in Zukunft Radreisen mit Gepäck
zu ersparen.
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